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Tag des offenen Denkmals 2023
Dem Armutsideal entsprechend schlicht - Reges Interesse an Führungen durch die Kapuzinerkirche mit ihrer Gruft
Am »Tag des offenen Denkmals« beteiligte sich auch die Stadt Engen wieder mit einer Vielzahl an Angeboten, zum Teil mit Führungen. So konnten das Pumpenhaus in der Mundingstraße, die katholische Stadtkirche, der Bürgersaal und das Trauzimmer im Rathaus, die Wendelins-Kapelle, der Römische Gutshof in Bargen und die Alte Kirche in Welschingen besichtigt werden, sowie die Kapuzinerkirche oder Spitalkapelle, wie sie im Volksmund auch genannt wird. Ihre Geschichte brachte Gerd Schneider vom »Förderverein Kapuzinerkirche Engen« interessierten BesucherInnen näher.
Man schrieb das Jahr 1618, als auf einem kargen Kalksteinfelsen am Fuße des Ballenbergs auf Wunsch der Engener Bürgerschaft und mit Zustimmung des lutheranischen Landesherren Maximilian von Pappenheim mit dem Bau eines Kapuzinerklosters begonnen wurde. »Die Kapuzinerbrüder engagierten sich sehr stark in der Krankenpflege und erwarben sich dadurch großes Ansehen«, blickte Gerd Schneider zurück. Nach fünf Jahren Bauzeit fand 1623 die Weihe des Klosters zu Ehren »Mariä der Engel« statt. Im Jahre 1725 wurde an die rechte Seite des Kirchenschiffs eine Totenkapelle mit darunterliegender Begräbnisgruft für die verstorbenen Klostermönche angebaut.
Nach der Französischen Revolution begann die Zeit der Säkularisation – die Überführung geistlichen Eigentums in weltliches Eigentum. Kurz nach Weihnachten 1802 wurde den Engener Kapuzinern eröffnet, dass das Kloster in Fürstenbergischen Besitz übergehe und künftig keine Novizen mehr aufgenommen werden dürften. Damals bestand der Konvent aus zwölf Patres und drei Brüdern. Im Jahr 1820 war es dann schließlich soweit: Der letzte noch lebende Kapuziner zog ins Frauenkloster St. Wolfgang – das Kapuzinerkloster erlosch nach 202 Jahren. Die Gebäude gelangten bei einer Versteigerung in den Besitz der Stadt Engen und wurden ab 1825 als Spital genutzt. 1848/49 diente es zu Zeiten der Badischen Revolution vorübergehend als preußisches Militärlazarett.
Zu einem schwarzen Tag wurde der 22. August 1883, als es durch die Brandstiftung eines geistig verwirrten »Spitaliten« (Spitalbewohners), lichterloh brannte und die einstigen Klosterbauten sowie die Kirche (bis auf die Gruft) vollkommen zerstört wurden. 1884/85 wurde ein neues Spital im oberen Teil des bisherigen Geländes errichtet, die alte Spitalruine wurde vollends eingeebnet. Die »Spitalkirche« wurde von 1884 bis 1887, leicht modifiziert, wieder aufgebaut und der übliche schlichte Stil der Kapuzinerkirchen erhalten. »Sowohl beim Bau des Klosters 1618 als auch beim Wiederaufbau von Spital und Kirche brachten sich die Engener Bürger intensiv mit ein«, betonte Gerd Schneider die große Verbundenheit der Bevölkerung mit diesen Einrichtungen. Zu den von ihm detailliert erläuterten geistlichen Elementen der neogotisch ausgestatteten Spitalkirche zählte auch das große Gemälde »Christus heilt die Kranken« an der Westseite des Kirchenraumes, ein Geschenk des aus Engen in die USA emigrierten Kunstmalers Joseph Georg Willmann im Jahr 1926.
Zahlreiche Interessierte nutzten beim »Tag des offenen Denkmals« am vergangenen Sonntag die Gelegenheit, mit Gerd Schneider, stellvertretender Vorsitzender des »Fördervereins Kapuzinerkirche Engen«, die wechselvolle Geschichte des Engener Kapuzinerklosters nachzuempfinden und die Kapuzinerkirche, ein »Kleinod«, das der Förderverein aus dem Dornröschenschlaf wecken möchte, zu besichtigen. Nach dem Brand von 1883 wurde die erneuerte »Spitalkirche«, dem Armutsideal der Kapuziner entsprechend, schlicht ausgestattet und im August 1887 feierlich eingeweiht. Das Gerüst wurde kürzlich errichtet, um die Schäden am Putz durch eingedrungenes Wasser untersuchen zu können.
In dem Tonnengewölbe der unrestaurierten Kapuzinergruft sind 18 Gräber auf jeder Seite, jeweils in drei Reihen übereinander, in die Wand eingemauert. Die Gruft wurde 1725 als Begräbnisstätte für die Kapuzinerbrüder unter der damaligen Seitenkapelle gebaut und überstand sogar den Großbrand von 1883, der das gesamte Kloster und die Kirche bis auf wenige Ruinenreste völlig vernichtete.
Gabi Hering